Motiv(iert)

Treffen mit dem freundlichsten Ranger Islands

Als wir die Köpfe aus dem Camper stecken, werden wir von einem isländischen mehr Wolken als Sonne Mix begrüßt. Die inzwischen eingespielte Frühstücksprozedur wird abgespult. Das Wetter und der -bericht erleichtern die Entscheidung über das weitere Vorgehen nicht. Aktuell sind wir theoretisch noch im Reiseplan, aber wir haben den Laki nicht besucht. Für mich wäre dessen Erkundung ein „nice to have“ gewesen, aber meine beiden Begleiter waren über die gestrige Entscheidung vom Fagrifoss zurück zu fahren anscheinend etwas unglücklicher als ich. Jedenfalls wurde für einen zweiten Laki-Anlauf gestimmt. Als Hüter des Reiseplans vermerkte ich in Gedanken, dass Reservetag 1 nun gestrichen ist.

Folglich hoppeln wir nochmal, unter lautstarken Unmutsbekundungen unseres Nur-Beifahrers Michi, wenn ein Schlagloch nicht so elegant wie möglich umschifft wurde, die F206 entlang. Die gleichen Furten wie bis zum Fagrifoss nehmen wir diesmal ohne nennenswertes Anhalten davor. Die Landschaft ist im Vergleich zur F208 weniger eindrucksvoll. Und das Wetter wird schlechter. Immer mal wieder kreuzt ein Regenschauer unseren Weg. Wir kommen an der Stelle an, wo die F207 (Lakagígavegur) wieder auf den Lakavegur (F206) trifft und entscheiden uns, die sich hier schließende Straßen-Schleife um den südwestlichen Abschnitt der Laki-Spalte rechts herum zu nehmen, was uns entlang eines riesigen Lavafeldes zum Laki-Vulkan führt.

Ein weiterer Regenschauer zieht über uns und der Laki-Gipfel steckt in den Wolken. Es steht nur ein einziges anderes Auto auf dem Parkplatz. Es ist schon Mittags und wir verspüren die Lust eines der vorbereiteten Pausenbrote zu uns zu nehmen. Da wir nicht sofort aussteigen kommt der örtliche Ranger etwas verunsichert zu unserem Auto, um zu fragen ob alles in Ordnung wäre. Wir versichern, dass wir vor hätten, die Wanderung auf den Laki zu unternehmen, wenn wir unsere Pause beendet haben. Inzwischen trifft auch eine kleinere Busreisegruppe ein. Fast mit Handschlag begrüßt der Ranger jeden der Besucher und erklärt geduldig wo man wie bei der Wanderung aufpassen soll und was es sonst noch zu erleben und zu besuchen gäbe. Es ist eine Freude zuzusehen, wie motiviert dieser Mensch seinem Beruf nachgeht. Die Wolke um den Gipfel lichtet sich, als wir unsere Fotorucksäcke über die Regenschutzkleidung schultern. Freudig kommt der Ranger aus seiner Aufenthaltshütte und wartet geduldig eine Weile am aufgestellten Übersichtsplan um auch uns seine Einführung in den Laki, die Besonderheit der Spalteneruption und ihrer katastrophalen Auswirkungen im Jahre 1783 zu vermitteln. Das Klischee der „strengen“ Parkranger fällt wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Ich habe das Gefühl den gastfreundlichsten Mensch der Welt getroffen zu haben.

Auch Aufgrund der liebevollen Einweisung des Rangers laufen alle Besucher den Laki-Rundweg in die selbe Richtung. Das führt dazu, dass kein Gegenverkehr am Berg herrscht. Der Weg steigt beständig aber mit einer erträglichen Neigung in einem weitem Bogen über die südliche Flanke an. Fast auf Gipfelhöhe müssen wir einen weiteren Regenschauer ertragen. Der hat den Vorteil, alle anderen Touristen, die aktuell dort angesammelt sind, zum Abstieg zu motivieren. Obwohl sich mit jedem Höhenmeter die Ausblicke, in die wieder einmal eindrucksvolle umgebende „isländische“ Landschaft intensivieren, stört die fehlende Sonne irgendwie doch. Andy sagt, wir sollen nicht so pessimistisch sein, in zehn Minuten werden wir einen genialen Blick genießen dürfen. Et voilá, würden des französisch mächtige Isländer sagen:

Es beginnt der Reigen der Regenbögen. Durch die Wolkenlücken zaubert die Sonne leuchtende Flecken in die weite grandiose Landschaft. Wo die undichten Wolken ihren Regen fallen lassen, bilden sich bunte Regenbögen. Ein Naturschauspiel welches wir ohne andere Touristen um uns herum genießen. Die Vulkankrater sind wie auf einer Perlen-Schnur von Süd-West nach Nord-Ost aufgereiht, mit dem Laki als höchstem in der Mitte. Nach Osten verschwinden die Krater unter dem Eis des Síðujökull, dem südwestlichen „Ausfluß“ des Vatnajökull. Es ist wieder einer dieser Momente von höchster Zufriedenheit, mit sich, seinen Mitreisenden, der Welt und vor allem mit dem immer stärker ans Herz wachsenden Island.

Wir verbrachten viel Zeit diese wunderbare Stimmung in Bildern fest zu halten. Es war schwer sich zwischen Detailaufnahmen und totalen in Form von Panoramen zu entscheiden. Daher auch noch Panoramablick nach Osten.

Doch die heute scheinbar gültige Aussage „Wenn dir das Wetter nicht passt, warte 15 Minuten“ hat leider den Nachteil, dass sie auch in die andere Richtung funktioniert. Durch die weite Sicht, erkennen wir eine gräuliche Wand auf uns zuziehen und es wird mir klar, dass meinen Begleitern klar ist, dass es klar ist, dass wir wieder von oben nass werden. Daher verlassen wir nun den Lakigipfel und bekommen noch ein paar markante (vom Gipfel nicht sichtbare) Krater vor die Linsen. Einige Höhenmeter weiter unten erreicht uns dann der Regen und bietet uns zum Trost noch einen Regenbogen fast zum greifen nah.

Wir kommen wieder beim Startpunkt unserer Wanderung an und ich bin erfreut, dass es wieder einer dieser lohnenden Tage wird. Meine Einschätzung über den Laki „upgrade“ ich von „nice to have“ auf „must see“. Vor der Weiterfahrt, bedanke ich mich noch bei dem Ranger für seinen freundlichen, einladenden und motivierenden Empfang. Ich glaube mein Versuch scheiterte, ihm die empfundene Begeisterung über unser Gipfelerlebnis zu vermitteln. Wenn ich wüste ob, wie oder wo das geht, würde ich der Isländischen Nationalparkverwaltung diesen Ranger als Mitarbeiter des Jahres vorschlagen wollen.

Wir steigen wieder in unsere Ramme und folgen nun der F207 nördlich der Lakigígar nach Süd-Westen. Offensichtlich ist beim Ausbruch die Lava nach Süden geflossen, während sich die schwarze Asche nördlich abgelagert hat. Das macht sich auch in der Qualität der Piste bemerkbar. Sanftes dahingleiten auf verfestigtem Sand und kaum ein Schlagloch ist eine wahre Wohltat und Abwechslung zum Durchrütteln auf der F206. Wir halten an dem zweiten Touri-Schwerpunkt der Strecke am Tjarnagígur. Es gibt auch hier einen großen Rundwanderweg, aber wir begnügen uns mit einer Besichtigung des Kratersees mit seinem zerklüfteten Rand.

Der Weg führt weiter nach Süd-Westen immer entlang der vielen unterschiedlichen Krater der Laki-Spalteneruption. Das „isländische“ schwarz-grün-blau-grau Farbspiel der Landschaft schmeichelt dem allgemeinen Wohlbefinden.

Bald führt die Straße herab in das weite Flusstal der Skaftá, wo die Regen und Sonnenflecken erneut ein wunderschönes Licht und Farbenspiel bieten.

Nun wendet sich die Straße wieder nach Süden und wir passieren unsere bisher tiefste (ca. 40-50 cm) Furt. Kurz darauf überqueren wir die Laki-Spalte zum letzten mal und die glatte Sandpiste verwandelt sich wieder in eine Hoppelstrecke. Durch das Lavafeld erreichen wieder die F206, auf der wir uns zum zweiten mal und ab dem Fagrifoss zum vierten mal durchrütteln lassen. Auf der Ringstraße 1 biegen wir nach Osten ab, und fahren durch bis nach Skaftafell. Am Fuße des Lómagnúpur gibt es eine kurze Fotopause um die (lt. Wikipedia) höchste senkrechte Klippe Islands einzufangen.

Als wir unsere „Ramme“ im Campingplatz von Skaftafell auf einem uns zugewiesenen Feld im hinteren Teil abstellen ist der Himmel mehr bewölkt als frei. Nach den gestrigen Nordlichtern wünschen wir uns mehr und die Sonnenaktivitätsvorhersage sieht sehr gut aus. Wenn nur die blöden Wolken nicht wären. Also erst mal das Abendprogramm abspulen. Meist eine Nudelmahlzeit zubereiten oder einen Salat basteln. Ich habe keine Ahnung mehr wonach uns an diesem Tag war, denn wir wurden mitten während dem Essen von begeistertem Staunen von außerhalb hellhörig. Als wir den Camper verließen leuchtete schon ein helles violett-grünes Band über unseren Köpfen. Was in den Stunden danach abging, war ein brennender Himmel, pulsierendes Leuchten und die am meisten epische Aurora Borealis, die ich jemals gesehen und fotografiert hatte.